English Русский

Historical Dance Bibliography

Here is a transcription of entry with id texte_1713:

Transcribed by Nataliia Valentinovna Liubinskaia

Johann Philipp Gaspari

Texte auff die gebräuchlichsten Tänze, darinnen in jeden Tantz die Sylben, wieviel in demselben Tantz ein Pas (verstehe ein Pas compose) ausmachen, abgetheilet; wodurch sich diejenigen, welche in der Music nicht erfahren, und sonderlich die Jugend, in der Cadence leichte helffen können. Worbey zuletzt etliche Fragen vom Tantzen vor die Jugend mit angehänget


Page Denen Ehrenvesten und Vorachtbaren

HERREN,

Herrn Iohann466466. здесь и далее автор в наборе заглавных букв I и J не различает их написание. В транскрипте везде набрано I Ludwig

Seeber,

Herrn Iohann Friderich

Richter,

Wie auch

Denen Edlen, Hoch Ehr- und Lugendbelobten

Jungfern,

Igfr. Iohannen Reginen

Tielin,

Igfr. Iohannen Rosinen

Richterin,

Mienen insonders Hochgeehrten Herren und Jungfrauen.

Page Ehrenveste, Vorachtbare, Wie auch

Edle, Hoch Ehr- und Tugend-belobte:

DAß DENENSELBEN dieses geringe Werckgen dedicire, bin durch mein Devoir sowohl gegen Dieselben, als auch Dero hochgeliebtesten Eltern, deren sonderbare Affection gegen mich nicht gnugsam zu rühmen weiß, und welche auch iederzeit sonderbare Inclination gegen das Tantzen un Regard IHRER an sich haben spüren lassen, instigiret worden. Rur bethaure, daß nicht etwas wichtigers habe offeriren können, indem SIE mehr als Gegenwärtiges meritiren. Dieweilen aber versichert lebe, daß DIESELBEN mit diesem schlechten Werckgen content seyn, und mehr auff mein Unterwinden, als eine grosse Arbeit sehen werden, so habe um so vielmehr Ursache, Dero Benevolentz fernerweit zu rühmen, und mich stets dahin zu bestreben, wie ich unabläßig verbleiben möge

DERO

Leipzig, d.26. Jan. 1713,

Dienstei gebenster

AUTOR.

Page Broßgünstiger Leser:

ICh hätte billig bey mir anstehen sollen, ehe ich mich unterfangen, gegenwärtige schlechte Blätter der galanten Welt vor Augen zu stellen, indem ja bekant, daß auch der allerpolitesten Leute Arbeit von denen Momis pfleget censiret zu werden. Alleine dessen ungeacht habe ich dennoch, von meinem mir einmal vorgesetzten Propos mich nicht abschreckenlassen, sondern lebe der guten Hoffnung, es werde dieses schlechte Werckgen dennoch seinen gewünschten Endzweck erreichen. Rachdem ich eine geraume Zeit her bey meiner Information im Tantzen observiret, wie daß dene meisten Scholaren, sonderlich der Jugend, die Cadence über alle massen schwer gefallen, daß auch wol Jahr und Tag vorbey gestrichen, ehe mancher nur einen kleinen Vorschmack, will 6 nicht sagen, die völlige Cadence erlernen könen, ungeacht es ihnen doch an fideler Information nicht manquiret hat. Ob nun wol von berühmten Maitres de Dance, als von Mons. Paschen sel. Mons. Beeren und andern mehr, von der Tantz-Kunst unterschiedene Bücher sind heraus gegeben worden, welche auch gar wohl meritiren, daß sie von einem Liebhaber des Tantzens mögen gelesen werden; so sind doch solche Bücher mehr vor erwachsene und grosse Leute, als vor Kinder, geschrieben. Wann dann die Cadence eines von den principalsten Stücken im Tantzen ist, ohne welche das Tantzen nichts heist, ob man auch noch so nette und sauber tantzen könte: Als bin ich instigiret worden, denen in der Music Unerfahrnen, sonderlich aber der Jugend zum Besten, solches Tractätgen heraus zu geben; da ich denn auff derer gebräuchlichsten Täntze Texte colligiret, darinnen die Syllben, soviel in iedweden Tantz ein Pas (verstehe ein Pas compose) machen, abgetheilet. Zwar sind solche 7 Texte meistentheils schon bekant, zumal auff Menuét, Passepied, l’Anjou &c. Allein ich habe solche mit allem Fleiß behalten: Denn es nicht auff die Sauberkeit der Verse, sondern bloß auff die Cadence angesehen ist. Und zweifele ich nicht, wenn sich ein Tantzliebender solche Texte wird bekant machen, daß er ieden nach seiner Melodie singen kan, die Cadence noch einmal so bald sich imprimiren wird. Ferner habe ich auch vor die Tantze-liebende Jugend etliche leichte Fragen vom Tantzen mit beygefüget, welche im Tantzen wohl zu observiren sind, weilen stets die Erfahrung lehret, daß sich mancher sehr simpel im Tantzen anstellet, zumal wenn er auff einer Hochzeit, Ball, oder anderer honetten Assemblée sich soll sehen lassen. Und hätte ich noch wol mehr als tausend nützliche Fragen vom Tantzen hieher setzen können, wo es die Noth erfordert; allein weilen mein Propos nicht ist, ein grosses Werck zu schreiben, dannenhero mögen diese wenige Fragen genun seyn. Wer ein mehrers von 8 der wahren Tantz-Kunst verlanget, der lese obgedachten Mons. Paschens Seel. Beschreibung von der wahren Tantz-Kunst, wie auch Mons. Beers seine heraus-gegebene Bücher von der wahren Tantz-Kunst; worans ihm die Augen ziemlicher massen werden geöffnet werden. Daß ich meinen Namen verschwiegen, ist zu dem Ende geschehen, weilen ich keine Gloair dadurch mir zu machen suche. Ich will inzwischen, als ein Apelles, hinter der Taffel stehen, und die Momos nach Belieben von diesem leichten Papir urtheilen lassen. Lebe wohl!

Page I.

Von der Cadence.

NB.1. WAs in der Music der Tact heist, das heist im Tantzen die Cadence: Dannenhero ist ein gutes und scharffes Gehör im Tantzen höchst-nöthig.

NB.2. In allen Täntzen muß man observiren, daß Composition (die Zusammensetzung) der Schritte niemals über die dritte Zahl schreitet; und wenn auch eine Zeit von vier Theilen darzu genommen wird, so kommen doch nur drey Pas simples heraus, die drey Pas simples nun machen mir zusammen ein Pas compose; dahero der Tripel, welcher so viel heist, als wenn ich 1.2.3. zehle, dem Tantzen weit natürlicher ist, als die Zeit von vier Theilen, nemlich, wenn ich 1.2.3.4. zehle.

NB.3. Ein Pas simple heist bey der Composition ein schritt auff einmal mit dem Fusse gemacht. Ein Pas compose aber heist, wenn zwey oder drey unterschiedene simple Schritte zusammen gesetzet werden; diese Pas nun sind mit den Syllben, und nach Proportion mit den Worten zu vergleichen.

10 NB.4. Ob man num wol in der Men 1.2.3.4. pfleget zu zehlen, so geschiehet solches, das ordinaire Pas in der Memuet467467. Опечатка, должно быть Menuet desto eher zu begreiffen, eigendlich solte oder könte man auch nur 1.2.3 zehlen.

NB.5. Vor allen Dingen ist in der Men. zu observiren, daß die meisten Menueten aus zwo Clausuln bestenen, nemlich aus der ersten und andern Clausul. Und wird so wohl die erste als auch die andere ober letze Clausul zweymal von denen Musicanten gespielet; wiewol es auch zuweilen Menueten giebet, da die andere oder letze Clausul nur einmal, hingegen aber die erste Clausul dreymal gespielet wird. Jede Clausul nun in der Menuet hat meistrentheils 8 Tacte, welche just vier Pas composet in der Menuet ausmachen: Wiewol auch Men. giebet, da die ander oder letze Clausul aus 10/12/16 biß 20 Tacten bestehet.

NB.6. Wenn man nun in der Men. 1.2.3.4. zu zehlen pfleget, so kommen gleich in der Music zween Tacte heraus. In Passepieden, in l’Anjoy kan man sich ebenfalls dieses Vortheils bedienen, nemlich daß man 1.2.3.4. zehle, ungeacht es doch ein ander Tact ist. Dieses habe ich zum Voraus erinnern wollen, damit man sich desto eher in die Cadence finden möge. Nun folgen die Texte auff die gebräuchlichsten Täntze, e.g.

11 II.

I.

Menuet.

Was die Melodie diese Men. anlanget, ist solche sehr bekant.

Erste Clausul.

LIebe sieht das | Gold der Kronen |

Nur mit eckeln | Augen an | :|:

Diese erste Clausul bestehet aus Tacten, welche im Tantzen vier Pas austragen.

Ander oder letzte Clausul

Weil sie auch, wo | Sclaven wohnen, |

Ihren Zucker, | ihren Zucker | finden kan|

Diese letze Clausul bestehet aus zehen Tacten, welche im Tantzen fünff Pas machen, und wird solche letze Clausul nur einmal gespielet, wie oben gedacht; hingegen wird die erste Clausul dreymal gespielet.

2.

Schöner Augen heiter Blicke

Leuchten auch in Hütten schön, :|:

Ihre Macht trägt Zauber-Stricke,

Drum man nicht entgegen kan.

Schöner Augen ⁊c468468. et cetera.

3.

Stand erwehlet keine Liebe,

Liebe sucht, was reitzen kan, :|:

12 Denn der Seelen heisser Triebe

Flammen etwas artigs an.

Stand erwehlet ⁊c469469. et cetera.

4.

Kluge Worte in der Seele

Sind an Krafft und Reitzung reich:

Wer die Klugheit will erwehlen,

Der schätzt Niedren Hohen gleich.

Kluge Worte ⁊c470470. et cetera.

5.

Weiche Blendwerck hohes Standes!

Was ich lieb’ ist liebens werth.

Du bist die schönste Zierd des Landes,

Die mein Hertze hat bethört.

Weiche Blendwerck ⁊c471471. et cetera.

Eine andre Menuet, Auff den Text: Ger, ger, ger, du zum T.

Erste Clausul.

ICh, Ich, | ich will dich lieben, | 2. Pas.

Ob gleich Betrüben 3. Pas.

Mich hindern will: 4. Pas.

Nichts, nichts, | nichts sol mich scheiden, | 2. Pas.

Muß ich viel leiden, | 3te Pas.

Ich halte still, 4. Pas.

13 Diese erste Clausul hat wiederum in der Music 8. Tacte, welche vier Pas in der Cadance im Tantzen ausmachen.

Ander oder letzte Clausul dieser Men.

Du bist ja mein | einzigs Verlangen, | 2. Pas.

Mit der Zeit werd ich dich | freudig umfangen, 2. Pas.

Bleibe beständig, und | lasse nicht ab: 2. Pas.

Drum, mein Kind, ich | will nichts mehr sagen, | 2. Pas.

Auch gar nicht mehr klagen, | 2. Pas.

Biß in das Grab, 1. Pas.

Summa 10. Pas.

Diese letzte Clausul hat nach der Music 20. Tacte, nach der Cadence im Tantzen aber 10. Pas.

II.

Passepied insgemein die alte genannt.

NB. Gleichwie ich oben gesagt, daß eine Menuet aus zwo Clausuln bestehe: so bestehet hingegen die alte Passepied aus vier Clausuln, und iede Clausul wird zweymal gespielet, und ist eben die Cadance wie in der Men. ob es gleich anderer Tact ist, in acht zu nehmen, nur daß es etwas hurtiger oder flüchtiger gehet, und thut man besser, man zehlet hier nur 1. 2. 3.

  1. Clausul.

O| Himmel! wie | pflegen Ver | liebte zu | schertzen,

14 Mit | ihrer ver | bundenen | Liebe und | Treu:472472. Besitze 3. zu Anfang.

Man | weiß nicht, was | unter ver | bundenen | Hertzen,

Noch | unverbun | denen vor | Unterschied | sey.473473. Besitze 3. zu Anfang der 3. Zeil.

  1. Clausul.

Wer | heute was | liebet, der | hasset es | morgen,

Das | ist ja ie | tzunder grand | mode und | Brauch.474474. Besitze 3. zu Anfang der andern Claus.

Dar | unter ent | schlaffen die | nichtigen | Sorgen,

Ich | liebe nur | eine, die | liebet mich | auch.475475. Besitze 3. zu Aufang der dritten Claus.

Auff solche Weise kan die Cadance der übrigen zwo Clausuln dieser alten Passepied nach denen ersten zwo Clausuln gar leichte auch abgetheilet werden.

  1. Clausul.

Ich liebe nur eine, und bleibe beständig,

Ein ander mag lieben so viel als er will:

Von diesem Schluß machet mich niemand abwendig,

Ich liebe darbey doch vergnüget und still.

  1. Clausul.

Und der ich einmal mein Hertze ergebe,

Der bleib’ ich beständig so lange ich lebe.

Repetatur.

III.

Menuet d’Anjou.

NB. Diese pfleget in der Music zweyerley Tact zu haben, als nemlich 3 Vierthel- und 6 Vierthel- Tact; 15 wird sie nach 3 Vierthel- Tact gespiclet,476476. опечатка, нужно gespielet so bestehet die erste Clausul aus zwölff Tacten, welche im Tantzen sechs Pas ausmachen. Wenn es aber nach 6 Vierthel- Tact gespiclet wird, trägtes im Tantzen auch sechs Pas aus. Die andere oder letzte Clausul bestehet aus 20. Tacten, nach 3 Vierthel gerechnet, welche im Tantzen zehen Pas ausmachen; wird es aber nach 6 Vierthel- Tact gespielet, so kommen zehen Tacte heraus, welche auch 10. Pas im Tantzen ausmachen.

Text auff die Men. d’Anjou.

1.

FAlsches Gelück|e, so läst du geschehn, |

| Daß mich dein Schluß |

| Voller Verdruß |

Ohne Befriedigung | ängstigen muß. | 6. Pas.

Muß ich denn deine | Veränderung sehn? |

| Was mich ergetzet |

| Hat mich zultzet |

In die ersinnlichste | Marter gesetzet. | 6. Pas.

Ist es auch mög|lich, daß alles | Verpflichten

Leichter | als Winde und Schatten vergeht. |

16 Ach ja, so muß sich | der Glaube vernichten,

Welcher auff blo|ssem Betruge besteht.477477. Repetatur.

2.

Aber, ach leider! was nutzet das Klagen

Weil sich mein Licht

Wider die Pflicht

In ein gantz anderes Hertze verspricht.

Besser sich alles Betrübniß entschlagen,

Wilen kein Fleiß

Mühe noch Schweiß,

Unsere Hertzen zu linderen weiß.

Solte der Himmel die Liebe nicht rächen?

Biß ihn die schmertzliche Reue versühnt.

Dencke, so will ich zum wenigsten sprechen:

Heuliche Seele, du hast es verdient.

3.

Diesem nach will ich die Liebe verschweren,

Deren Confect.

Das sie entdeckt,

Bittrer als Myrrhen und Aloe schmeckt.

Welchen die, so sie am meisten verehren,

Und sich verliebt,

Nimmer betrübt,

Welches der Wollust Verdrießlichkeit giebt.

Aendert euch vormals verliebte Gedancken.

Tugend und Ehre die bleiben getreu,

Wohl mir! ich kenne die eiteln Schrancken,

Lasse mich, Liebe, mein Leben ist frey.

17 IV.

L’Aimable Vainquer.

N.B. Dieser Tantz ist nach der Music auch 3 Viertel-Tact, wie eine Menuet, nur daß er sehr langsam geht, gleich einer Sarabande, und zehlet man in den Pas 1.2.3. obgleich unterschiedene Pas darinnen vorkommen. Die Cadance ist wegen des langsamen Tacts sehr leichte.

BE | zuckerter | Mund, du hast | mich ver | letzt,

Daß | mir meine | Augen mit | Thränen be | nätzt,

Mich | haben die | Triebe

Ver | söhnlicher | Liebe

In | Sorgen ge | setzt:

Dein | schmeichelnder | Mund

Hat | Leben und | Hertze

Mit | brennendem | Schmertze

Fast | tödtlich ver | wundt.

Ach | daß mich ein | Kuß

So | ängstigen | muß!

Ich | liebe und | leide,

Em | pfinde vor | Freude

18 Nur | lauter Ver | druß.

Ich | habe im | Lieben

Nur | ausser Be | trüben

Sonst | keinen Ge|nuß.

2.

Du siehest, wie ich geqvälet muß seyn,

Du lachest der Liebe, und spottest der Pein:

Ben Seuffzen und Schmertze

Verkehrt sich dein Hertze

In Felsen und Stein.

Ein Seuffzer kan leicht

Den Himmel erweichen,

Und Gnade erreichen,

Ia Stahl wird erweicht.

Ein Demant zerspringt,

Wenn Blut iyn478478. возможно написано ihn vezwingt;

Doch läst du mein Hertze

In völligen Schmertze

Und Kummer umringt:

Wenn nicht meine Treue

Dich endlich zur Reue

Und Aenderung bringt.

3.

Du werthestes Kind, ach ändere den Sinn,

Du sihest wie treu und beständig ich bin.

Gieb daß doch mein Schmertze

19 Erweiche dein Hertze

Zum Liebes-Gewinn:

Mein englisches Licht,

Ach laß dich umfangen,

Mein einzigs Verlangen,

Und wehre dich nicht.

Ein Kuß kan allein

Versüssen die Pein,

Drum laß mich doch wissen,

Ob ich nicht im Küssen

Soll glücklicher seyn?

So find ich im Leide

Doch endlich die Freude

Vergnüget zu seyn.

Ein anderer Text auff das Vorige.

1.

LUpido gieb Rath und stehe mir bey,

Ich läugne nicht, sondern gestehe dir frey,

Wie daß mich dein Bogen

Zur Liebe bewogen,

Ohn einigen Scheu.

Auch hat mich dein Pfeil

Im Hertzen versehret,

Verwundt und bethöret.

Drum frag ich in Eil:

Was ist wohl zu thun?

Ich kan nicht eh’r ruhn,

20 Biß diese mein Hertze

Von Kummer und Schmertze

Erlediget hat.

Dem ich mich verschrieben

Auffs treuste zu lieben:

Cupido, gieb Rath.

2.

Wie komm ich zu Ihr? ich bin ihr zu schlecht,

Sie aber an Schönheit den Göttern gerecht.

Drum küsst ihre Wangen,

Die Purpur-roth prangen,

Kein furchtsamer Knecht.

Ihr englisch Gesicht

Strahlt gleich als die Gonne,

Wirfft Licht, Freud und Wonne

Auff dem es gericht:

Ia Venus die sagt,

Wenn man sie drum fragt,

Daß an ihr die Iugend

Samt Schönheit und Tugend

Vom Himmel herrühr.

Drum ist das mein Klagen,

Daß ich noch muß fragen:

Wie komm ich zu Ihr?

3.

Ach hilff mir aus Noth, und lasse mich nicht,

Du hast mir, Cupido, die Angst angericht,

Da du mir im Gehen

Am Fenster hiest sehen

21 Ihr englisch Gesicht.

Da wurd’ ich verwundt.

Drum thue desgleichen,

Gieb mir auch ein Zeichen,

Und mache mir kund,

Damit ich der Pein

Entübrigt mag seyn.

Wann Sie nur mit Blicken

Will wieder erqvicken

Den, der schon halb todt.

Mein Hertze zerspringet,

Der Mund ietzo singet:

Ach hilff mir aus Noth.

4.

Ach englisches Kind nim williglich an

Die Seuffzer, so zu dir dein Sclave gethan.

Cupido hält Pfeile,

Und spitzt sie der Weile

So gut als er kan.

Ich bin auch gewiß,

Er weiß schon zu machen.

Drum bitt’ ich nur diß:

Hör’itzo, mein Hertz

Den liebenden Schmertz!

Du bleibest mein Leben,

Ich bin dir ergeben,

Weil du mich entzündt.

22 Wilst du mich nicht achten,

So muß ich versch machten,

Ach englisches Kind.

Noch eines dergleichen.

1.

O Liebliches Kind, wie hälts um den Kuß,

Auff welchen ich baue mit Mund, Hand und Fuß?

Kanst du dich besinnen?

Ich weiß dein Beginnen,

Ich will deinen Schluß.

Ach schämst du dich nicht,

Ich wills deutlich geben:

Du hassest mein Leben,

O falsches Gesicht!

Du sagst: Ich soll leiden,

Und dich ewig meiden,

So bist du gesinnt.

Iedoch ich will klagen:

Will seuffzen und sagen:

O liebliches Kind.

2.

Besinne dich doch, was hast du gethan?

Ich lieg’ auff den Knyen, und bete dich an.

Mit kläglichen Minen

Will ich dich bedienen,

So gut als ich kan.

Du englisches Bild,

23 Was denckt deine Güte,

Daß du mein Gemüthe

Mit Klagen umhüllt.

Bedencke die Lust,

So sonst uns bewust;

Du kontest mich zwingen

Mit listigen Dingen,

Und liebliches Ioch.

Nun soll ich dich meiden,

Und gäntzlichen scheiden.

Bedencke dich doch.

3.

Cupido wie stehts? komm stille die Pein,

Damit ich so lange geqvälet muß seyn.

Ich habe mein Leben

Den Engeln gegeben,

Und Sie saget nein.

Laß sehen die Kunst,

Die sonsten du übest,

So offt du umgiebest

Dieselbige Gunst.

Wo himmlische Lust

Den Menschen bewust,

Wo nichts als vom Küssen

Die Liebenden wissen.

Denn sihe, da gehts

Bey kützelnden Dingen;

Doch pflegt man zu singen:

Cupido gieb Rath.

24 4.

Ach lache mich an, du schönstes Gesicht,

Du giebest den Augen hell=gläntzendes Licht.

Du, du bist die Sonne,

Mein Licht und auch Wonne;

Ich lasse dich nicht.

Es sol nicht geschehn,

Ich kan dich nicht hassen,

Mich must du nicht lassen:

Ich muß dahin sehn,

Auff daß du, mein Kind,

Weil du mich entzündt,

Ins künfftige liebest,

Dein Patsch händgen auch gibest,

Wie du sonst gethan.

Du weist schon zu machen.

Nun sing’ ich mit Lachen:

Ach lache mich an.

V.

Le Contre Temps.

NB. Dieser Tantz und die Princesse de Savoy haben einerley Tact, nemlich geraden Tact; doch kan man ebenfalls die Zahl 1.2.3. nach der Cadance heraus bringen, gleich wie in der Aimable Vainquer. nur daß es geschwinder gehet.

1.

NIm hin, mein | schönstes Kind, | ein Hertze, | das dich treu | lich liebt, |

25 Nim hin die | treue Brust, | die sich dir | eigen schenckt:

Du siehest, | daß mein Sinn | sich dir nur | gantz und gar | ergiebt, |

Und daß er | Tag und Nacht | an diene | Liebe denckt. |

Ich opffre dir | den treuen Sinn |

Ohn alle fal|sche Minen hin. |

Es bleibt darbey, |

Ich bin getreu, |

Und bleib auch | ewig dein. |

Mein Hertze spricht: |

Ich wancke nicht: |

Wenn gleich viel tau|send Winde gehn, |

Bleibt doch die Lie|be feste stehen. |

Beständigkeit |

Wird allezeit |

Bey mir die | Losung seyn. |

26 2.

Ia, ja, beständig seyn hab’ ich mir ewig auserwehlt,

Beständigkeit die bleibt das Beste auff der Welt.

Wenn falscher Wanckelmuth Verliebter Sinn und Hertzen qvält,

Wo sieht man, daß die Treue dennoch den Platz behält.

Drum lieb ich, was beständig liebt,

Und das mir auch was Liebes giebt,

Das hebt den Schmertz,

Was mir sein Hertz

Vor meines wieder schenckt.

Wird das geschehn,

So wird man sehn,

Wie sich die treue Brust erfreut,

Die sich dir stets zum Opffer weiht.

Das ist mein Glück,

Wo sich ein Blick

Nach meiner Sehnsucht lenckt.

3.

Es soll in meiner Brust sich finden nichts von falschem Sinn,

Auffrichtigkeit und Treu soll krönen Stirn als Brust,

Der fest-geschwornen Treu solt du, mein Kind, versichert seyn,

Wenn nur ein holder Blick zu lieben dich erlaubt.

Sprich du nur ein beliebtes Ia,

So seh’ ich mich dem Porte nah;

Wo Lieb’ und Treu

Ist allzeit neu,

27 Und Felsen gleich besteht,

Wo Seel und Hertz

In stetem Schertz

Einander süssen Weyrauch streun,

Und nur mit Ambra-Kost erstreun,

Wo Haß und Neid

Zu aller Zeit

Verschwindet und vergeht.

4.

Drum allerliebstes Kind, belohne die Beständigkeit,

Und nim das treue Hertz statt cines Opffers an:

Weil mich was heimliches zu lieben dich treibt allezeit,

Dem Triebe folge ich, weil ichs nicht ändern kan.

Ich liebe dich in reiner Treu,

Ohn alle falsche Heucheley,

Glaub sicherlich,

Ich liebe dich,

Weil warmes Blut sich regt,

In Hertz und Brust,

Wo Liebes-Lust

Sich einen festen Thron bestellt,

Und wo kein Leid die List vergällt.

Wenn nur bey dir,

Gleichwie bey mir,

Die Treue wird gehegt.

5.

Ich werff mich noch einmal zu deinen holden Füssen hin,

Und bitte Demuths-voll um deine Gegen-Gunst.

Sieh, wie ich allzeit dir mit fester Treu verbunden bin,

28 Drum, ach so kühle doch die heisse Liebes-Brunst;

Laß mich auf deiner Lippen Au

Doch kosten süssen Necter-Trau.

Laß Mund und Hand

Zum Unterpfand

Allzeit verbunden seyn.

Laß Lieb’ und Treu

Sich allzeit frey

Einander zu der Seite stehn,

Biß wir auch endlich selbst vergehn:

So wird allzeit

Beständigkeit

Die Losung seyn allein.

La Princesse de Savoye.

ICh bin so wie | ich immer bin, |

Ein ieder den|cke, was er will, |

Hab’ ich nur ei|nen freyen Sinn, |

Und liebe fromm | und still. |

So frag ich nach | dem Dencken nicht. |

Gedancken | seyn dahin gericht, |

29 Und bin so | wie ich bin, |

Und bin so | wie ich bin, |

Credit ist | nun dahin, |

Ich muß die Fälsch|te auff der Welt|

Von Pralerey | und Lügen seyn: |

Doch weiß ich wohl, | mas Farbe hält, |

Und was mir in | die Augen fällt. |

und so ferner.

Ich hasse allen falschen Schein,

Und bin so, wie ich bin:

Und bin so, wie ich bin,

Ich denck, fahr immer hin.

Mein treues Hertz

Fühlt wenig Schmertz,

Wenn andre lieber sind.

Wer sich verkehrt, wie der April,

Dem mach’ ich so und wie ich will.

Ich schlag die Liebe in den Wind,

Und bin so, wie ich bin.

Liebt einer mich kein von Hertzen-Grund,

So heist er mich kein eigen Sinn,

Wann ihm mein treu Gemüth ist kund,

Bin ich gleich wo ich bin.

30 Nun folgen

Etliche nützliche Fragen vom Tantzen, vor die Jugend.

1.

Was ist Tantzen?

Wahres Tantzen ist eine Kunst oder Wissenschafft, welche den Leib und die Glieder des Menschen geschickt und agil machet, damit man nicht nur wohl tantzen, sondern auch wohl-anständig sitzen, stehen, gehen und Reverences bey allerhand and Fällen machen kan.

2.

Wie wird das Tantzen eingetheilet?

In zwey Theile: als (1) in die Sitten-Lehre und Geschicklichkeit Leibes, (2) in die Darstellung derer Geberden und Handlungen.

3.

Wie vielerley ist sonsten das Tantzen?

So vielerley Völcker es in der Welt giebet, so vielerley Arten giebt es auch im Tantzen, denn iede Nation hat ihre besondere Art im Tantzen.

4. Muß ich denn aller Nationen Tantzen verstehen?

Nein: denn das kömmt sonderlich einem Maitre de dance zu; gnug wenn man nur so viel tantzen kan, was bey uns Teutschen üblig ist.

5. Welche Arten sind denn bey uns Teutschen anitzo meistentheils gebräuchlich?

Teutsch, Französich, Englisch.

31 6.

Ist denn auch eine Ordnung im Tantzen zu observiren?

Gleichwie in allen Dingen viel an der Ordnung gelegen ist, also will solche auch im Tantzen wohl in acht genommen werden, und zwar insgemein von der gantzen Tantz-Compagnie, damit ein ieder zum Tantzen gelangen kan; insonderheit aber will die Ordnung von denen Personen, welche mit einander tantzen, auch wohl in acht genommen werden, damit der Tantz nicht nur à tempo & ad nutum nach der Music, sondern auch die Schritte und Figuren recht symetrice verrichtet werden.

7.

Was ist denn bey einer Hochzeit, Assemblée oder Ball im Tantzen zu observiren?

Man muß warten, bitz die Ordnung an mich kommt, da man denn entweder von einer Dame zum Tantzen auffgezoden wird, oder man fordert selbsten die Dame zum Tantzen auff.

8.

Wann eine Dame mich auffziehet, was ist zu thun?

Dieses geschiehet gemeiniglich von der Dame mit einem höflichen Reverence: Da mache ich alsbalden mein Gegen-Reverence, und stelle mich auff den Tantz-Platz neben der Damen ihrer lincken Seite, und zwar also, daß ich allezeit die Spectatores im Gesicht habe.

9.

Was ist zu observiren, wenn eine Dame auffziehen soll?

32 Ich mache mein gebührend Reverence, und nehme sie bey der lincken Hand, und führe sie auff den Platz, und halte den Hut in der lincken Hand.

10.

Was ist ferner zu beobachten, wenn ich eine Men. tantzen will?

Es ist oben schon gesagt worden, daß eine Menuet aus zwo Clausuln bestehe, und iede Clausul allemal zweymal gespielet werde: Dannenhero warte ich so lange mit dem Reverence, biß die erste Clausul einmal ist gespielet worden. Denn bißweilen eine undekante Menuet gespielet wird, die ich mein Tage nicht gehöret.

11.

Was ist zu observiren, wann ich eine Passepied tantzen will?

Da fängt man gleich mit der ersten Clausul an, das Reverence zu machen, und halte mich so lange mit dem Reverence auff, biß die erste Clausul ausgespielet ist; denn die erste Clausul zu Anfang dreymal gespielet wird.

12.

Was ist bey der Courante zu observiren?

Eine Courante bestehet ebenfalls aus zwo Clausuln, wie eine Menuet, und wird iede Clausul auch zweymal gespielet. Ehe ich nun anfange das Reverence zu mamachen, so lasse ich entweder die erste Clausul halb oder gar wegspielen; nur ist wohl zu observiren, daß ich just mit einem frischen Tacte anfange. In der Courante will die Cadence manchen sehr schwer fallen, und muß man sein Gehör sehr wohl brauchen.

33 13.

Was ist bey der L’Anjou zu beobachten?

Dieser bestehet gleichfalls aus zwo Clausuln; ehe ich nun anfange das Reverence zu machen, warte ich so lange als zwey Pas ausmachen, oder aber 4. Tacte lang.

14.

Was ist bey der Aimable Vainquer zu observiren?

Ich lasse die erste Clausul halb weg spielen, ehe ich anfange das Reverence zu machen, das Reverence wird gantz langsam gemacht.

15.

Was ist bey der Princess oder la Contre temps zu beobachten?

In diesen beyden Täntzen fange ich gleich an das Reverence zu machen, und halte mich so lange damit auff, das just die erste Clausul mit dem Reverence alle wird. Wie den andern Täntzen mit dem Reverence zu verfahren, wirst du aus der Ubung lernen.

16.

Was ist bey dem Solo-tantzen su beobachten?

Da stelle ich mich ebenfalls auff den Tantz-Platz, daß ich die Spectatores [Zuschauer] im Gesichte habe, und lasse die erste Clausul erstlich einmal durchspielen, alsdenn fange ich an zu tantzen, und zwar ohne Reverence, wenn es aber aus ist, alsdenn kan ich ein Reverence machen; doch ist es mir anfangs auch nicht gewehret.

17.

Was ist sonsten im Tantzen zu observiren, zumal in der Men.

34 Diese muß ich gantz gelassen tantzen. Im Vorbey-tantzen479479. возможно Vorbey-tantzen пишется слитно, без дефиса muß ich der Dame nicht näher als eines Schrittes weit mich nahen, und wenn ich sie bey der Hand anfasse, soll es nicht lange, noch mit der gantzen Hand, sondern bey dem äussersten der Finger geschehen; auch soll man beyderseits Handschuh anhaben.

18.

Was ist noch ferner im Tantzen zu observiren?

Man soll aus Höflichkeit das Gesicht der Dame zuwenden; man soll nicht lachen, nicht sauer sehen, noch reden, sondern fein modest sich erweisen.

19.

Wie lange muß man denn eine Menuet Tantzen?

Das stehet wol in der Tantzenden ihrer Libertét, doch lässt es nicht fein, wenn man es gar zu lange machen wolte, zumal wenn eine starcke Compagnie ist, welche darüber würde verdrüßlich werden.

20.

Ruß ich oder die Dame in der Men. erst die Hand reichen?

Sonderlich kommt es dem Mons. zu, doch ists der Dame auch nicht gewehret, zumal wenn sie nicht zum Tantzen disponiret ist.

21.

Muß man bey dem Handreichen den Hut abnehmen?

Es gilt gleich, man mag solchen abnehmen nicht: In Franckreich nehmen sie den Hut nur bey fang und beym Ende des Tantzens ab, nemlich all bey dem Reverence.

35 22.

Wenn die Menuet oder ein anderer Tantz aus ist, was ist zu thun?

Ich mache main Reverence gegen die Dame; ist die Ordnung des Auffforderns an mir, so führe ich sie zu den andern Damen, und præsentire ihr einen Sitz. Ist die Ordnung des Auffforderns an ihr, so gehe ich nach gemachtem Reverence vom Platzweg.

23.

Was ist denn bey andern Täntzen zu obseviren?

Ich muß die Figuren und Wendungen wohl in acht nehmen, daß keine Figur zu groß noch zu klein gemacht wird. Habe ich viel Pas, so kan ich auch eine grosse Figur machen; habe ich wenig Pas, so mache ich auch eine kleine Figur.

In summa, bey allen Täntzen muß man hauptsächlich sünfferley observiren: (1.) Metrum, ob es Sarabande, Bourrêe &c. ist, wornach ich tantzen soll; (2) den Ton, ob er hart oder weich ist. (3) Movement, ob es ordinair Tact oder Tripel ist. (4) Cadence, welche das vornehmste Stück vom Tantzen ist. (5.) Melodie selbsten, ob sie frisch, gelinde, heroisch oder sanffte gehet, und muß allhier die musicanlische Cadence quoad Tempus [der Zeit nach] von den Tantzenden wohl unterschieden werden.

36 24.

Was ist denn da zu thun, wann ich in einer Tantz-Compagnie wäre, und könte nicht tantzen, ich würde aber von einer Dame, die es nicht wüste, zum Tantz auffgezogen?

Ich mache mein höfliches Reverence, und stellc480480. опечатка: stelle mich auff den Platz, gleich als wenn ich tantzen wolte, mache das Reverence, wie es bey Anfang des Tantzens gebräuchlich, alsdenn führe sie einem andern zu.

Mann hätte noch mehr als tausend nützliche Fragen von dem Tantzen hier mit anhängen können, wenn es die Noth erfoderte; allein weiln es nur ein klein Werckgen vor die Jugend heissen soll, also mögen diese wenige Fragen genug seyn. Wer ein mehrers von Tantzen zu lesen verlanget, der lese Hn. Paschens sel. Beschreibung von der wahren Tantz-Kunst, wie auch Mons. Beers seine heraus-gegebene Bücher vom Tantzen.


RSS Historical Dance Association Github repository All materials are for non-commercial usage only Persimmon Questions? RTFM!